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Mietrecht

Urteile

Tod des Mieters und Kündigung des Mietverhältnisses

1. Ist im Grundbuch ein Nießbrauchsberechtiger eingetragen, verdrängt dieser den Vermieter für die Dauer des Bestehens dieses Rechts vollständig aus der Vermieterstellung.
2. Schlagen die Erben eines Wohnungsgebers das Erbe aus und fällt dieses daher an den Fiskus, kann das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen, der Rechte aus einem (Unter-)Mietvertrag als gesetzlicher Vertreter der Erben ausübt; das Nachlassgericht kann aber nicht stattdessen diese Rechte selbst ausüben.

LG Berlin, Beschluss vom 07.03.2024 – AZ 66 T 83/22 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Burkhard Draeger

Im Mai 2021 verstarb der Mieter einer Wohnung in Kreuzberg, welche er bis dahin gemeinsam mit einem Untermieter bewohnt hatte. Zuvor hatte es im Jahr 2017 einen Vermieterwechsel gegeben, seither war eine neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und gleichzeitig eine andere Frau als Nießbrauchsberechtigte des Grundstücks. Die Eigentümerin sprach gegenüber den Erben des verstorbenen Mieters sogleich die Kündigung aus. Am 26. Mai 2021 teilte das Nachlassgericht durch eine Rechtspflegerin mit, dass alle Erben das Erbe ausgeschlagen hätten und kündigte gegenüber der Eigentümerin das Mietverhältnis und gegenüber dem Untermieter das Untermietverhältnis. Wegen eines aufgelaufenen Mietrückstandes kündigte die Eigentümerin im Juni 2021 mit Schreiben an das Nachlassgericht erneut das Mietverhältnis. Kurz darauf schloss die Vermieterin mit dem Untermieter einen Vergleich. Danach sollte er bis 30. November 2021 in der Wohnung bleiben dürfen, wenn er die zuletzt mit dem verstorbenen Mieter vereinbarte Miete zahlt. Da er auch im Januar 2022 noch nicht ausgezogen war, erhob die Eigentümerin Räumungsklage. 

Nachdem der Untermieter zwischenzeitlich ausgezogen war und der Rechtsstreit damit in der Hauptsache erledigt war, hatte das Amtsgericht nur noch über die Prozesskosten zu entscheiden. Es erlegte diese zu 90% dem Untermieter auf, da nach seiner Auffassung dies dem Risiko des Untermieters entsprochen habe, bei Fortgang des Verfahrens zu unterliegen. Die Beschwerde des Untermieters gegen die Kostenentscheidung hatte Erfolg. Das Landgericht Berlin änderte diese ab und erlegte die Kosten nur noch zu 20% dem Untermieter und zu 80% der Vermieterin auf. Das Landgericht vertrat umgekehrt die Auffassung, dass die Eigentümerin die weitaus größeren Risiken für ein Unterliegen bei streitiger Entscheidung auf Ihrer Seite hatte. Es sei nämlich außerordentlich fraglich, ob die Kündigungen der Eigentümerin und des Nachlassgerichts das Nutzungsrecht des Untermieters überhaupt rechtswirksam beseitigt hatten und folglich ein Räumungsanspruch gegen diesen bestand. Dies bleibe trotz des zwischen der Eigentümerin und dem Untermieter geschlossenen Vergleichs (Auszug bis 30. November 2021) überwiegend zweifelhaft. Denn der Vermieterin fehlte es an der erforderlichen Verfügungsbefugnis. 

Das Landgericht begründete seine Entscheidung wie folgt: „Das Rechtsverhältnis, auf dessen Inhalt ein Vergleichsvertrag einwirken soll (… also der Untermietvertrag …) muss der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht der Vertragsschließenden unterliegen. “ Dies war hier nicht der Fall, denn die Verfügungsbefugnis der Eigentümerin war durch das Nießbrauchrecht der anderen Frau beschränkt. Diese habe die Vermieterin während des Bestehens des Nießbrauchsrechts vollständig aus der Vermieterstellung verdrängt. Alle Kündigungen der Vermieterin wären demnach ins Leere gegangen. Auch die Kündigungen des Nachlassgerichts wären unwirksam. Zwar erbe der Fiskus, wenn alle Erben die Erbschaft ausschlagen. Allerdings könne dann das Nachlassgericht nicht – wie hier geschehen – selbst eine Kündigung aussprechen, sondern müsse einen Nachlasspfleger bestellen, der dieses Recht ausübt.