Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter

Mietrecht

Urteile

Schönheitsreparaturen und Wirksamkeit von „Quotenabgeltungsklauseln“

a) Eine formularmäßige Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag benachteiligt den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil sie von dem Mieter bei Vertragsabschluss verlangt, zur Ermittlung der auf ihn bei Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen (…).
b) Zur Zulässigkeit der individualvertraglichen Vereinbarung einer Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag (…).

BGH Urteil vom 06.03.2024 – AZ VIII ZR 79/22 –

Die Mieter einer Wohnung in Berlin waren aufgrund einer Vereinbarung mit der Vermieterin in den von dieser am 29. Mai 2015 mit einem Vormieter geschlossenen Mietvertrag eingetreten. In dem mit dem Vormieter geschlossenen Mietvertrag war unter anderem vereinbart: „§ 11 Schönheitsreparaturen (…) 6. Besteht das Mietverhältnis bei Auszug des Mieters schon länger als ein Jahr oder liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als ein Jahr zurück, und endet das Mietverhältnis vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen, ist der Mieter verpflichtet, anteilige Kosten für die Schönheitsreparaturen – einschließlich voraussichtlicher Mehrwertsteuer – entsprechend dem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachbetriebs oder eines Bauingenieurs zu zahlen, die dem Grad der durch sie erfolgten Abnutzung der jeweiligen Teilbereiche der Wohnung entsprechen. (…)“ .

In der mit den (Nach-)Mietern geschlossenen Vereinbarung zum Mietvertrag vom 29. Mai 2015 hieß es unter anderem:
„§ 1 Übernahme Mietverhältnis: Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Nachmieter anstelle des Mieters in den Mietvertrag vom 29. Mai 2015 mit allen Rechten und Pflichten zum 16. Oktober 2015 eintreten. (…) Die Wohnung wird an den Nachmieter ohne Gebrauchsspuren übergeben. (…). § 2 Schönheitsreparaturen: Zwischen dem Mieter (dem Vormieter) und dem Vermieter wurde bei Vertragsabschluss des Mietvertrages vom 29. Mai 2015 individuell vereinbart, dass der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen und auch anteilige Schönheitsreparaturen trägt, wenn bei Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind. Der Nachmieter übernimmt auch diese Verpflichtung. Zwischen den Parteien wurde dies ausdrücklich verhandelt.

Der Vermieter war bereit, dem Nachmieter insoweit entgegenzukommen und die vom Mieter übernommene Verpflichtung zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten zu übernehmen, wenn der Nachmieter im Gegenzug einen Betrag von 80,00 Euro zahlt. Die Miete wurde im Hinblick auf die Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten um diesen Betrag im Mietvertrag vom 29. Mai 2015 herabgesetzt. Der Nachmieter erklärt aber nach den Verhandlungen ausdrücklich, dass er den Vertrag insoweit unverändert übernimmt, einschließlich der Verpflichtung zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiliger Schönheitsreparaturkosten. “
Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Jahr 2018 zog die Vermieterin unter Berufung auf diese Vereinbarungen 1.253,34 Euro anteilige Schönheitsreparaturkosten auf Grundlage der Berechnung eines Bauingenieurs von der Kaution ab. Die Mieter klagten auf Zahlung dieses Betrages.

Die zuständige 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin verurteilte die Vermieterin entsprechend. Nach ihrer Auffassung können anteilige Schönheitsreparaturkosten weder formularvertraglich noch mit einer individualvertraglichen Vereinbarung auf den Mieter abgewälzt werden. Es käme daher nicht darauf an, ob die Vereinbarung zwischen der Vermieterin und den Mietern individuell ausgehandelt wurde.

Dieser Auffassung folgte der Bundesgerichtshof nicht. Er bestätigte zwar die Auffassung des Landgerichts, dass eine formularmäßige Überbürdung solcher Kosten auf den Mieter diesen unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei. Es sei dagegen grundsätzlich möglich, eine solche Quotenabgeltungsklausel individualvertraglich wirksam zu vereinbaren. Da das Landgericht – nach seiner Auffassung folgerichtig – keine Feststellung dazu getroffen hatte, ob die Klausel individuell ausgehandelt worden war, hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Berlin zurück. Gleichzeitig wies er zum weiteren Vorgehen darauf hin, dass für ein Aushandeln einer solchen Vertragsbedingung erforderlich sei, dass der Vermieter die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erklärt. Allein der Umstand, dass die Vermieterin hier den Mietern die Wahl gelassen habe zwischen der Übernahme der Schönheitsreparaturen mit einer um 80 Euro niedrigeren Miete sowie einer höheren Mietzahlung bei Nichtausführung von Schönheitsreparaturen, spreche hinsichtlich der von den Mietern gewählten Variante noch nicht ohne weiteres für ein Aushandeln und damit für eine Individualabrede. Vielmehr müsse der Vertragspartner des Klauselverwenders Gelegenheit erhalten, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung einzubringen.


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