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Mietrecht

Urteile

Mietpreisbremse und Merkmale der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels 2023

1. Der Mieter ist auch dann nicht an der Rückforderung überhöhter Miete gehindert, wenn er bei Vertragsschluss freiwillig einer überhöhten Miete zugestimmt und gewusst hat, dass er zur Leistung dieser Miete nicht verpflichtet ist.
2. Bei der Karl-Marx-Allee 105A handelt es sich nicht um eine „bevorzugte Citylage“ .

AG Kreuzberg, Urteil vom 29.11.2023 – AZ 17 C 133/23 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Burkhard Draeger

In einem Ende 2022 geschlossenen Mietvertrag über eine Wohnung in der Karl-Marx-Allee in Berlin-Neukölln wurde eine Miete von 925,47 Euro (13,00 Euro/ qm) vereinbart. Hinweise zum Vorliegen einer Ausnahme von der Mietpreisbremse enthielt der Mietvertrag nicht. Vor Abschluss des Mietvertrages wurden in der Wohnung umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt, was dem Mieter, der zuvor im Nachbarhaus gewohnt hatte, auch bekannt war. Er selbst hatte sich um den Abschluss eines Mietvertrags nach Beendigung der Baumaßnahmen bemüht. Das Mietverhältnis begann am 15. Dezember 2022. Mit Schreiben seines Anwalts vom 27. Februar 2023 rügte der Mieter die Unzulässigkeit der Nettokaltmiete und forderte die Vermieterin auf, die von ihm auf Grundlage des Berliner Mietspiegels ermittelte zulässige Nettokaltmiete in Höhe von 463,44 Euro zu bestätigen und überzahlte Miete zu erstatten. Dies tat die Vermieterin nicht, weshalb der Mieter eine entsprechende Klage beim Amtsgericht einreichen ließ. Die Vermieterin wandte in dem Prozess ein, dass die Gesamtinvestitionen der umfassenden Modernisierung so hoch gewesen seien, dass die Mietpreisbremse hier nicht greife. Außerdem meinte sie, der Mieter könne sich auf die Mietpreisbremse nicht berufen, da ihm bekannt gewesen sei, dass es sich um eine Erstvermietung nach umfassender Modernisierung gehandelt habe.

Dem folgte das Amtsgericht nicht. Nach der aktuellen Rechtslage müsste der Vermieter dem Mieter vor dessen Vertragsunterschrift in Textform unaufgefordert mitteilen, dass und gegebenenfalls welche Ausnahmen von der Mietpreisbremse vorliegen, anderenfalls könne er sich auf eine solche Ausnahme (zum Beispiel umfassende Modernisierung) nicht berufen. Die Vermieterin hatte es versäumt, im Mietvertrag hierzu irgendwelche Angaben zu machen. Es komme daher nicht darauf an, ob der Mieter Kenntnis von den baulichen Maßnahmen in der Wohnung hatte, oder ob er selbst auf den Mietvertragsabschluss mit der Vermieterin hingewirkt habe. Der Mieter sei nämlich selbst dann nicht gehindert, sich auf die Vorschriften der Mietpreisbremse zu berufen und überzahlte Mieten zurückzufordern, wenn er Kenntnis davon hatte, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist, oder sogar von sich aus dem Vermieter die Zahlung der überhöhten Miete angeboten hat, um die Wohnung zu bekommen.

Auch bei der Einordnung der Wohnung in den Berliner Mietspiegel folgte das Amtsgericht dem Mieter. Entgegen der Auffassung der Vermieterin war auch das Gericht der Meinung, dass es sich bei der Karl-Marx-Straße nicht um eine bevorzugte Citylage handele. Dieses Merkmal sei nur dann erfüllt, wenn sich die Wohnung in der Nähe eines zentral gelegenen Teilraums der Großstadt Berlin befindet, der sich durch eine besondere Dichte von Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants sowie anderen Einrichtungen auszeichnet, die eine über die typische Infrastruktur eines Wohngebiets hinausgehende Bedeutung und Anziehungskraft insbesondere auch für in- und ausländische Besucher und Touristen haben. Die Gegend, in welcher die Wohnung liegt, habe zwar für viele Bewohner und Touristen einen begehrten Kiez-Charakter. Dies sei aber nicht mit einer bevorzugten Citylage gleichzusetzen.