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Mietrecht

Urteile

Mängelbeseitigungspflicht des Vermieters bei Lärm vom Nachbargrundstück

Der Eigentümer eines Wohnhauses kann sich bei erheblichen Lärmimmissionen vom Nachbargrundstück gegenüber seinen Mietern nicht darauf berufen, dass es Sache des Bezirksamtes sei, dagegen vorzugehen. 


AG Neukölln, Urteil vom 16.05.2023 – AZ 18 C 289/22 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Jan Becker

In Neukölln befindet sich eines der in der Berliner Presse als „Schrottimmobilien“ bekannt gewordenen Häuser. Das Geschäftsmodell der jeweiligen Eigentümer besteht darin, verwahrloste Häuser, in denen keinerlei Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden, an zahllose arme Menschen – in diesem Fall aus Osteuropa – zu vermieten. Die Mieter eines Nachbarhauses, welches einen gemeinsamen Hof mit dieser Immobilie hat, mussten seit Beginn dieser Nutzung mit regelmäßigen erheblichen Lärmbelastungen, auch in den Nachtstunden, leben. Das Fensterbrett ihres Schlafzimmerfensters im Parterre wurde von Menschenansammlungen aus dem völlig überfüllten Nachbarhaus als Theke genutzt, Möbel und Schrott wurden im Nachbarhaus über die Fenster in den Hof entsorgt, es gab regelmäßig laute Musik und Geschrei von großen Menschenansammlungen im Hof sowie Lärm durch Gruppen unbeaufsichtigter randalierender Kinder, die mit dem im Hof gelagerten Sperrmüll auf die Hausfassade und die Mülltonnen einschlagen. Die Mieter maßen in ihrer Wohnung regelmäßig, auch nachts, eine Lärmbelastung von mehr als 70 dbA. Durch die Müllansammlungen kam es außerdem zu starkem Rattenbefall auf dem Grundstück. Die Vermieter zogen sich auf den Standpunkt zurück, dass sie gegen die Immissionen vom Nachbargrundstück machtlos seien, da das Bezirksamt insoweit nicht tätig werde. Die Mieter sahen daher keine andere Möglichkeit, als ihre Vermieter auf Beseitigung dieser Zustände zu verklagen und eine Mietminderung geltend zu machen.

Das Amtsgericht Neukölln verurteilte die Vermieter zur Mängelbeseitigung und gestand den Mietern die von diesen begehrte Minderung um 20% zu. Der hier regelmäßig herrschende Lärm überschreite den hinzunehmenden und regelmäßig in einer Großstadt gegebenen Lärm erheblich. Die Mieter müssten nicht hinnehmen, dass in ihrer Wohnung regelmäßig sowohl tagsüber als auch nachts Lärm mit Schallwerten von mehr als 70 dbA auftrete. Die Mängelbeseitigung sei den Vermietern auch nicht unmöglich. Sie hätten gegenüber ihren Mietern auch eine Verantwortung hinsichtlich der Umgebung des Objekts. Dass sie bereits „alles Mögliche“ , einschließlich einer Klage gegen die Eigentümer des Nachbarhauses, versucht hätten, um die Beeinträchtigungen zu beseitigen oder jedenfalls erheblich zu verringern, hatten die Vermieter nicht dargelegt.


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