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Mietrecht

Urteile

Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Kommt der Mieter mit der Zahlung der Miete für mehrere Monate in Verzug, stellt dies eine Verletzung seiner Hauptleistungspflicht dar, welche grundsätzlich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter gemäß § 573 Absatz 1, 2 Nr. 1 BGB rechtfertigen kann. Dies jedoch nur, wenn eine schuldhafte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt, die ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu begründen geeignet ist; zur Beantwortung dieser Frage sind die Umstände des Einzelfalls umfassend zu berücksichtigen.
(Leitsatz von der Redaktion MieterEcho)

LG Berlin II, Beschluss vom 11.03.2024 – AZ 65 S 98/23 –

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Jan Becker

Die Mieterin einer Neuköllner Wohnung hatte übersehen, dass ihr Dauerauftrag für die monatliche Mietzahlung versehentlich befristet eingerichtet worden und am 31. März 2021 ausgelaufen war. Es liefen daher für die Monate April, Mai und Juni 2021 entsprechende Mietrückstände auf. Als sie dies am 18. Juni 2021 bemerkte, benachrichtigte sie unverzüglich ihren Vermieter und kündigte die sofortige Zahlung sowie die Einrichtung eines neuen Dauerauftrags an. Dies tat sie noch am selben Tag. Erst auf die ordentliche Kündigung des Vermieters vom 7. Juli 2021 zum 30. April 2022 stellte sie bei genauer Überprüfung fest, dass sie sowohl die drei rückständigen Mieten als auch den neuen Dauerauftrag an den Vorgänger (Vater mit gleichem Nachnamen) ihres jetzigen Vermieters gezahlt bzw. zu dessen Gunsten eingerichtet hatte. Das Versehen teilte sie dem Vermieter mit Schreiben vom 
13. Juli 2021 mit und erklärte ihr Versehen damit, dass sie die Kontodaten dem letzten Mieterhöhungsverlangen von 2018 entnommen habe, welches noch vom vorherigen Vermieter stammte. Die ausstehenden vier Mieten für April bis Juli 2021 hatte sie bereits am 8. Juli 2021 auf dessen Konto überwiesen. Der Vermieter hielt gleichwohl an seiner Kündigung fest, da er es für unverständlich hielt, dass der hohe Rückstand so lange unbemerkt geblieben sein könnte.
Das Amtsgericht Neukölln wies die Räumungsklage des Vermieters ab; die Fehler der Mieterin seien nach einem 20-jährigen Mietverhältnis nicht gravierend genug, um die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar zu machen.

Auch dessen Berufung wurde vom Landgericht Berlin zurückgewiesen. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Pflichtverletzungen der Mieterin zwar erheblich seien, da der aufgelaufene Rückstand von vier Monatsmieten zum Zeitpunkt der vom Vermieter ausgesprochenen ordentlichen Kündigung sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte. Dennoch könne sich der Vermieter in diesem Fall nicht auf den Kündigungsgrund des § 573 Absatz 1, 2 Nr. 1 BGB berufen, weil die Besonderheit der hier gegebenen Umstände im Ergebnis der wertenden Gesamtbetrachtung ein berechtigtes Interesse (des Vermieters) an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu begründen vermag. Die besonderen Umstände ließen hier nämlich die Pflichtverletzung der Mieterin in einem milderen Licht erscheinen. Sie habe zwar fehlerhaft gehandelt, da sie den Dauerauftrag befristet erteilt und dies nicht bemerkt oder vergessen, sowie ihre folgenden Zahlungen nicht auf das richtige Bankkonto geleistet hatte. Es falle jedoch entscheidend zu Gunsten der Mieterin ins Gewicht, dass sie gleich, nachdem sie den Fehler mit dem Dauerauftrag bemerkt hatte (und noch deutlich vor Ausspruch der Kündigung), von sich aus auf den Kläger zugegangen sei und ihren Fehler zugestanden habe. Ebenso habe sie, nachdem sie ihren Fehler mit der Kontoverbindung durch die Kündigung bemerkt hatte, sofort innerhalb von zwei Tagen den gesamten Rückstand ausgeglichen. Die beiden Fehler der Mieterin beruhten nach Auffassung des Landgerichts allenfalls auf leichter Fahrlässigkeit.