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Mietrecht

Urteile

Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen

Die letzte Betriebskostenabrechnung ist Grundlage für eine Anpassung der Vorauszahlungen, hindert aber nicht die Berücksichtigung anderer – bereits eingetretener oder noch eintretender – Umstände, von denen die im laufenden Jahr entstehenden Kosten voraussichtlich beeinflusst werden. Es ist jedoch kein Raum für einen „abstrakten“ Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten. 


BGH Urteil vom 28.09.2011 – AZ VIII ZR 294/10 –

Angesichts der zahllosen Briefe, welche Mieter in den letzten Monaten von ihren Vermietern erhielten, in welchen diese außergewöhnliche Erhöhungen der Betriebskostenvorschüsse (insbesondere der Vorschüsse für Heizkosten) verlangen, stellte sich vielen Mietern die Frage, ob ihr Vermieter zu solchen Anhebungen der Vorschüsse tatsächlich berechtigt ist. Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil aus dem Jahr 2011 deutlich Stellung genommen. Er stellte zunächst klar, dass Betriebskostenvorauszahlungen nur in angemessener Höhe vereinbart werden können. Dementsprechend sei für die Angemessenheit von Vorauszahlungen auf die voraussichtlich tatsächlich entstehenden Kosten abzustellen. Ein Recht von Vermieter und Mieter, eine Anpassung der bisherigen Vorauszahlung vorzunehmen, bestehe nur nach einer Abrechnung. Damit sei die jeweils letzte Betriebskostenabrechnung, die bereits vorliegt, der Ausgangspunkt für eine Anpassung (§ 560 Abs. 4 BGB). Dies solle sicherstellen, dass die Vorauszahlungen den voraussichtlich entstehenden Kosten möglichst nahekommen. In der Regel sei daher „ein Zwölftel des vom Mieter geschuldeten Jahresbetrags der letzten Betriebskostenabrechnung als monatlicher Vorauszahlungsbetrag für das Folgejahr angemessen“. Beschränke sich so die Anpassung auf den Jahresbetrag der letzten Betriebskostenabrechnung, reiche ein Hinweis auf das Abrechnungsergebnis.
Allerdings könne es aufgrund besonderer Umstände auch Ausnahmen von dieser Berechnungsweise geben. „Denn ausschlaggebend für die Angemessenheit einer Anpassung sind letztlich nicht die Betriebskosten des vergangenen Jahres, sondern (…) die zu erwartenden Kosten des laufenden Jahres. Diese können maßgeblich auch durch Umstände beeinflusst werden, die sich in der letzten Betriebskostenabrechnung noch nicht ausgewirkt haben können“. Auch wenn das Gesetz eine Begründung der Anpassung nicht vorschreibt, muss dabei der Vermieter laut Bundesgerichtshof eine von ihm geltend gemachte Anpassung der Vorauszahlungen über ein Zwölftel der nach der letzten Abrechnung auf ihn entfallenden Betriebskosten zumindest dann dem Mieter gegenüber rechtfertigen, wenn dieser die Angemessenheit bestreitet. Die Gründe und Umstände für die erheblich abweichende Anpassung muss der Vermieter plausibel machen. Neben zum Beispiel einer erheblichen Änderung der Anzahl der Bewohner seien wesentliche Faktoren für die Änderung der Betriebskosten entsprechende Kostensteigerungen, wenn mit deren Eintritt konkret zu rechnen ist. Dabei könne der Vermieter keineswegs – wie im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall – wegen „möglicher“ Kostensteigerungen das Abrechnungsergebnis des Vorjahrs generell um einen „Sicherheitszuschlag“ von 10% erhöhen und die Vorauszahlung entsprechend anpassen. „Nur wenn hinsichtlich bestimmter Betriebskosten – etwa der Energiepreise – Preissteigerungen konkret zu erwarten sind, kann dies in die Berechnung der Vorauszahlungen einbezogen werden, allerdings nur unter Berücksichtigung des Verhältnisses der betreffenden Betriebskosten zu den Betriebskosten insgesamt“ . Auch insoweit reiche also ein allgemeiner Hinweis auf „die bekannte massive Steigerung der Energiekosten“ nicht als Grund für eine pauschale Anhebung aller Betriebskostenvorschüsse aus.
                    
Anmerkung: Nach diesen Ausführungen des Bundesgerichtshofs dürfte es aktuell für die meisten Vermieter durchaus möglich sein, eine Anpassung der Vorauszahlungen – jedenfalls für Heizkosten – zu verlangen, welche über das Abrechnungsergebnis der letzten Abrechnung (für 2021) hinausgeht. Dies allerdings nicht „nach Gefühl“ (teilweise wurden Anpassungen der Heizkostenvorauszahlungen um mehrere 100% verlangt), sondern nur nach Maßgabe der dem Vermieter bereits bekannten Kostensteigerungen (zum Beispiel Anhebung der Vorschüsse durch seinen Energieversorger). Zumindest auf Nachfrage des Mieters muss er sich nach den vorstehenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs dazu äußern. In jedem Fall sollte bei außergewöhnlichen Steigerungen der verlangten Vorschüsse Rechtsrat in einer Beratungsstelle eingeholt werden.