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MieterEcho 443 / August 2024

Bündnis fordert Anmeldung für alle

Wohnungssuchende ohne Meldeadresse werden zusätzlich diskriminiert

Von Peter Nowak

Dass Mieter/innen – vor allem, wenn sie nicht vermögend sind – Probleme haben, in Berlin eine Wohnung zu finden, braucht man im MieterEcho nicht besonders zu betonen. Doch es gibt Hunderttausende, die in Berlin noch ganz spezielle Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben. Es handelt sich um die Menschen, die in Berlin leben und arbeiten und trotzdem keine Meldeadresse in der Stadt haben. Betroffene sprechen von einem Teufelskreis: ohne Meldeadresse keine Wohnung – ohne Wohnung keine Meldeadresse.

Denn meistens ist eine Meldeadresse in der Stadt eine der Voraussetzungen, um eine Wohnung mieten zu können. Allerdings wird die Meldeadresse erst registriert, wenn man einen Mietvertrag vorweisen kann. Das betrifft besonders Menschen, die neu nach Berlin kommen und keine Meldeadresse vorweisen können.

Das Handicap betrifft nicht nur die Wohnungssuche. „Sie müssen eine Zurückweisung nach der anderen hinnehmen. Ob es nun darum geht, ein Bankkonto zu eröffnen, eine Krankenversicherung abzuschließen, einen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, eine Steuer-ID zu erhalten oder eine offizielle Adresse zu haben, an die man Post schicken kann: In Deutschland ist die Anmeldung für fast jede Art von Verfahren notwendig“, benennt eine Betroffene die Schwierigkeiten, denen sie ausgesetzt ist. 

Und bei der Wohnungssuche in Berlin setzt sich die Diskriminierung fort, wie Laura Gallo Tapas und Jason Kustos in der Zeitschrift Lateinamerika Nachrichten beschreiben. „Dazu gehören nicht nur die Sprachbarrieren, das Unwissen über die Bürokratie, die prekarisierten Arbeitsbedingungen und die fehlenden Unterstützungsnetzwerke. Wenn es darum geht, eine Wohnung zu finden, erleben wir systematische Ausgrenzung und Diskriminierung“, heißt es dort. 

Durch den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Berlin finden Zugezogene und selbst alteingesessene Berliner/innen häufig nur Zimmer oder Wohnungen zur Untermiete, und oft nur zur Zwischenmiete. Besonders in Wohngemeinschaften wird diese Art von Wohnraum meist nur mit der Einschränkung „Keine Anmeldung möglich“ angeboten. Denn Eigentümer/innen können einsehen, wer in ihren Wohnungen gemeldet ist und verwehren oftmals die Genehmigung zur Untervermietung, um die Wohngemeinschaften loszuwerden und den Wohnraum gewinnbringend neu zu vermieten oder zu verkaufen.

Betroffene organisieren sich 

Doch Betroffene wehren sich dagegen. So haben unter anderem in Berlin lebende Menschen aus Süd- und Mittelamerika eine entsprechende Gruppe gegründet. Dort spielt der Kampf für das Recht auf Wohnraum eine wichtige Rolle. In offenen Workshops berichteten dort viele Betroffene, die neu nach Berlin kamen, über ihre Probleme bei der Wohnungssuche. Die zentrale Frage dort lautete: „Wie können wir die Wohnungssituation der migrantischen Gemeinschaft konkret verbessern?

Das Bündnis „Anmeldung für Alle“ verweist auf eine schnell umsetzbare Lösung. Es fordert eine Universalanmeldung für alle in Berlin wohnhaften Menschen bei einem eigens hierfür eingerichteten städtischen Träger, der bis auf weiteres als Meldeadresse und Postanschrift fungiert. Des Weiteren fordert das Bündnis die Entkriminalisierung solidarischer Aktionen aus der Zivilbevölkerung, mit denen Menschen unterstützt wurden, die sich bisher in Berlin nicht anmelden konnten. „Scheinanmeldungen sind eine Reaktion auf die Wohnungskrise und die Hürde bei der Anmeldung. Und kein Verbrechen“, so die Position des Bündnisses. Statt Menschen zu bestrafen, schlagen sie mit der Anmeldung für alle eine Methode vor, die solche Scheinanmeldungen überflüssig machen würde. 

Das Bündnis stellt zudem solidarische Forderungen, die allen Mieter/innen in Berlin nutzen. „Wir fordern die Lösung der Wohnungskrise und damit auch des Problems der Anmeldung. Hierfür müssen die bestehenden Wohnbestände dem Markt entzogen und unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden, sowie zusätzlicher bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden.“ Mittlerweile haben zahlreiche Stadtteilorganisationen, aber auch die Erwerbsloseninitiative Basta, der Berliner Flüchtlingsrat und die Organisation „Women in Exile“ den Aufruf unterzeichnet. 

 

Homepage der Initiative:
https://anmeldung-fuer-all.wixsite.com/berlin/de


MieterEcho 443 / August 2024