Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 437 / Dezember 2023

Verzweifelter Kampf gegen Abrisspläne

Einige Mieter/innen in der Habersaathstraße geben nicht auf

Von Rainer Balcerowiak

Die verbliebenen Bewohner/innen des Gebäudekomplexes Habersaathstraße 40–48 in Berlin-Mitte kämpfen weiter um den Erhalt ihrer Wohnungen. Am 16. November gab es einen weiteren Teilerfolg. Auch im vierten von insgesamt sechs Verfahren um die vom Besitzer, der Arcadia Estates GmbH, verlangte Räumung der Wohnungen entschied das Amtsgericht Berlin-Mitte, dass die betroffenen Mieter/innen ein berechtigtes Interesse am Verbleib in ihren Wohnungen hätten, welches die Verwertungsinteressen des Besitzers überwiege. Bereits im ersten Verfahren hatte die zuständige Richterin diese Einschätzung mit deutlichen Worten untermauert: „Eine Wohnung ist kein Aktienpaket“ .

Der Besitzer plant, den Gebäudekomplex mit insgesamt 120 Wohnungen abzureißen, um auf dem Grundstück vor allem hochpreisige Neubauwohnungen zu errichten. Das Bezirksamt Mitte hatte dem Besitzer im Rahmen eines „Deals“, der unter anderem die Errichtung von einigen bezahlbaren Wohnungen und eine Zwischennutzung der leeren Wohnungen durch Wohnungslose beinhaltete, im Juni 2022 eine Abrissgenehmigung erteilt, doch diese ist inzwischen abgelaufen und kann auch nicht mehr verlängert werden. 

Die juristische Auseinandersetzung über die Kündigungs- und Räumungsklagen ist noch lange nicht beendet. Noch in diesem Jahr werden Gerichtsentscheidungen in den zwei noch offenen Verfahren verkündet, und Daniel Diekmann, der Sprecher des Mieterrats in der Habersaathstraße, geht davon aus, das auch diese im Sinne der Betroffenen ausfallen werden. Der Besitzer wird zwar in die Berufung gehen, doch nach Einschätzung Diekmanns, der seit fast 20 Jahren in dem Haus lebt, ist beim Landgericht frühestens im kommenden Sommer mit einer ersten Entscheidung zu rechnen.

Derweil hat sich der Besitzer darauf verlegt, die verbliebenen Bewohner/innen regelrecht zu terrorisieren, um sie auf diesem Weg zum Auszug zu „motivieren“. Im August und im Oktober gab es regelrechte Kommandoaktionen, bei denen vom Besitzer beauftragte Trupps die Strom- und Warmwasserversorgung kappten, Fenster aus leerstehenden Wohnungen herausrissen, einige Aufgänge vermauerten und Hausschlösser austauschten, so dass Bewohner/innen zeitweilig nicht in ihre Wohnungen gelangen konnten.  

Kaum Unterstützung vom Bezirk 

Eine Taktik, die teilweise leider auch erfolgreich ist. Denn mittlerweile haben weitere reguläre Mietparteien das Haus „freiwillig“ verlassen, es seien jetzt nur noch sechs, die entschlossen seien, ihre Wohnungen bis zum letzten zu verteidigen, so Diekmann. Das wollen auch viele derjenigen zuvor wohnungslosen Bewohner/innen, die bislang im Rahmen der vereinbarten Zwischennutzung der teilweise seit Jahren leerstehenden Wohnungen geduldet wurden, nachdem es Ende 2021 eine Besetzung gegeben hatte.

In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte ist die Habersaathstraße regelmäßig auf der Tagesordnung. Vor allem Linke und Grüne drängen darauf, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um das Haus zu erhalten und gegen den Eigentümer konsequent vorzugehen, auch wegen der illegalen Räumungsversuche und der schweren Sachbeschädigungen. So müsse geprüft werden, ob der Bezirk das Haus beschlagnahmen könne, fordert die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der BVV Mitte, Martha Kleedörfer. Es gelte „ein Signal zu senden, dass bezahlbarer Wohnraum hier geschützt wird.“        

Am 16. November waren die Vorgänge rund um den Häuserblock im Rahmen einer von Diekmann vorgetragenen Anwohneranfrage erneut Thema in der BVV.  Doch der zuständige Stadtentwicklungsstadtrat Ephraim Gothe (SPD) beließ es in seiner Antwort bei vagen Absichtserklärungen. So werde es einen neuen „Runden Tisch“ geben, an dem auch der Besitzer teilnehmen werde. Diesen habe man ferner „gebeten“, bei allen geplanten Maßnahmen die Bewohner/innen vorher zu informieren und die Wohnungsaufsicht „einzubinden“. Auch habe man weiterhin „Interesse“, das Haus zu erwerben. Keine Möglichkeit sieht er jedoch, gegen den Eigentümer wegen der Verstöße gegen das Wirtschaftsstrafgesetz vorzugehen, denn dafür seien „die Zuständigkeiten unklar“.

Die Hängepartie rund um die Habersaathstraße wird sich also fortsetzen. Und wie das letztendlich ausgeht, hängt auch davon ab, wie viel Unterstützung die um ihre Wohnungen kämpfenden Bewohner/innen erhalten. Zumal es um viel mehr geht, als „nur“ um einen einzelnen Häuserblock.   


MieterEcho 437 / Dezember 2023

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