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MieterEcho 437 / Dezember 2023

„Urbaner Lifestyle“ statt preiswerter Unterkünfte

Private Investoren verdienen sich eine goldene Nase mit der studentischen Wohnungsnot

Von  Felix Schlosser

„The Fizz – Studentenwohnheime. Nur besser“. Mit diesem Slogan wirbt das Unternehmen „International Campus“ (IC) mit seiner Marke „The Fizz“ für die Anmietung von Studierendenapartments der gehobenen Klasse. IC hat seinen Sitz in München, existiert seit dem Jahr 2011 und bietet laut Eigenaussage „Wohnkonzepte, die sich an den Bedürfnissen der Studierenden und einem urbanen Lifestyle orientieren“ . Apartments von The Fizz gibt es in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Tschechien. In Berlin befindet sich ein Gebäude an der Köpenicker Straße in Kreuzberg, ein weiteres ist am Markgrafendamm in Friedrichshain im Bau.

Die Kosten für die Unterbringung haben es in sich. Studierende, oder „FIZZies“, wie sie von dem Unternehmen genannt werden, müssen für ein möbliertes „Single Studio/Apartment“ monatlich ab 872 Euro für 17 qm zahlen. Zum Vergleich: Ein ähnlich großes, unmöbliertes Zimmer des Studierendenwerks Berlin kostet z. B. am Franz-Mehring-Platz zwischen 442 und 457 Euro. Allerdings beträgt die Wartezeit dort aktuell über 18 Monate. 

„Urbaner Lifestyle“ bedeutet vor allem, dass die Häuser des Unternehmens immer dort gebaut werden, wo die Gentrifizierung gerade besonders wütet, also in „hippen“ Stadtteilen. Zum Konzept gehören auch eine Gemeinschaftsküche, ein Lernraum und eine Gemeinschaftsfläche mit Billardtisch und Kinoecke. In die Kritik geriet The Fizz in diesem Jahr in Friedrichshain, wo das Unternehmen Quarterback im Auftrag von IC den zweiten Standort errichtet. Durch das Bauprojekt kam es in den angrenzenden Nachbarhäusern am Markgrafendamm zu massiven Rissbildungen, durch die sich die Bewohner/innen gefährdet sahen. Erst nach einer Protestkundgebung der lokalen Nachbarschaftsinitiative „Wem gehört der Laskerkiez“ und Medienberichten verhängte das Bauamt einen längeren Baustopp. 

Bevor es mit dem Bau weitergeht, müssen nun zunächst entstandene Schäden durch das Bauunternehmen behoben, sowie das Fundament um Haus Nr. 6 gegen Abrutschen gesichert werden. „Es ist eine Frechheit, dass hier in unseren Kiez private Investoren regelrecht einfallen und ihre großprotzigen Projekte rücksichtslos gegen den Willen der gesamten Nachbarschaft durchboxen“ berichtet dazu Timo Steinke, Sprecher der Nachbarschaftsinitiative. Zumal der Bau so angelegt sei, dass er die angrenzenden Wohnhäuser verschatte. 

Politik nimmt die Abzocke hin

Die Zahl der Baugenehmigungen für renditeorientierte Studierendenunterkünfte ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Mit den Mikroappartements ist ein Geschäftsmodell entstanden, das Spekulanten ermöglicht, die dramatische Unterversorgung mit Wohnraum in Berlin auszunutzen, um Mieten und Gewinne nach oben zu schrauben. Mieter/innen innerhalb und außerhalb dieser Wohnform sollten sich daher gemeinsam gegen diese Entwicklung stellen. 

Doch das ist gar nicht so einfach. Gerade internationalen Studierenden, die frisch nach Berlin gekommen sind, fehlt es oftmals an Informationen, und auf dem regulären Berliner Mietmarkt, wo inzwischen auch Mondpreise zu bezahlen sind, haben sie kaum Chancen. Erschwerend hinzu kommt, dass das Modell der privaten, extrem teuren Anlagen für Studierende von den Universitäten sogar unterstützt wird. So finden sich auf der Hinweisseite der Freien Universität Weiterleitungen zu den Luxus-Apartment-Anbietern Neonwood, The Student Hotel und The Fizz. 

In der Politik scheint man nicht gewillt zu sein, gegen solche Abzocke von Studierenden vorzugehen. Gegen diese Entwicklungen müssten sich Studierende, Nachbarschaftsgruppen und die Lokalpolitik viel stärker engagieren. Auch weil private Anbieter wie The Fizz den Mietspiegel zwar nicht direkt nach oben treiben, aber indirekt eine weitere Aufwertung des Stadtteils befördern, die sich letztlich auch auf bestehende Mieten auswirken kann. 

Die Proteste von Anwohner/innen am Markgrafendamm sind da ein gutes und wichtiges Signal. Aber grundlegend Abhilfe schaffen könnte nur ein ambitioniertes, öffentliches Wohnungsbauprogramm mit einem bedarfsgerechten Sektor für die vielen Studierenden, die Jahr für Jahr in die Stadt kommen, und natürlich mit entsprechend regulierten Mieten für möblierte Apartments.   

 

Felix Schlosser schreibt für das Neue Deutschland über Gentrifizierung, innere Sicherheit und Antifaschismus und ist in der Mieterbewegung aktiv.


MieterEcho 437 / Dezember 2023