Interessengemeinschaft und Beratung für Berliner Mieter
MieterEcho 433 / Juni 2023

Advokat der Immobilienlobby

Mit Christoph Brzezinski (CDU) wird ein profilierter Anwalt von Investor/innen neuer Baustadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf

Von Philipp Möller

Die engen Verquickungen von Sozial- und Christdemokraten mit der Bau- und Immobilienwirtschaft haben eine lange Tradition in Berlin und einige spektakuläre Skandale hervorgebracht. In Charlottenburg-Wilmersdorf wird in der schier endlosen Geschichte des Berliner Baufilzes nun ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. In der Hauptrolle agiert der CDU-Politiker Christoph Brzezinski, der im April zum Baustadtrat des Bezirks gewählt wurde.

Brzezinski arbeitete seit 2019 bei der Anwaltskanzlei „Malmendier Legal“. Die Wirtschaftskanzlei mit Sitz am Kurfürstendamm verfügt laut eigenen Angaben „über eine weitreichende und langjährige Expertise zu allen rechtlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft.“ Sie gelte „seit langem in Berlin als erste Adresse für schwierige Bauvorhaben und löst Herausforderungen auch in politisch schwierigen Gemengelagen“, wie auf der eigenen Homepage zu lesen ist. 

Ein Beispiel dafür ist die Vertretung des Eigentümers des mittlerweile geräumten Køpi-Wagenplatzes an der Köpenicker Straße im Bezirk Mitte. Die Kanzlei vertrat im Verfahren einen offensichtlichen Strohmann des Eigentümers, der seine Identität über ein Konstrukt aus zahlreichen Briefkastenfirmen verschleiert. Deutschlandweit spielte sich die Kanzlei in die Herzen von Vermieter/innen und Investor/innen durch die erfolgreiche Klage gegen das bezirkliche Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten, die durch ihren ehemaligen Partner Matthias Hellriegel geführt wurde, der seinen Aufstieg zum Lieblings-Advokat der Immobilienlobby bei Malmendier begann. 

Interessenkonflikte eingeräumt

Daneben wirbt die Wirtschaftskanzlei mit ihren exzellenten Verbindungen zu politischen Entscheidungsträgern. „Gute Zugänge zu Verwaltung und Politik erleichtern Problemlösungen“, heißt auf der Website, und die neue Tätigkeit ihres Mitarbeiters Brzezinski belegt dies nur zu gut. Auf der Homepage der Kanzlei wird Brzezinski weiter als Mitarbeiter gelistet. Während der Dauer des politischen Mandats werde er seine anwaltliche Tätigkeit aber nicht ausüben, heißt es dort. 

Dabei ist Brzezinskis Fall eher untypisch. In der Regel werden Politiker/innen erst nach der Parteikarriere mit Posten in der Immobilienwirtschaft versorgt. Das enge Netzwerk aus Politik, Immobilienunternehmen und Architektur- und Planungsbüros bezeichnet der Stadtsoziologe Andrej Holm als „Immobilien-Verwertungs-Koalition“, welche ein gemeinsames Interesse an der Auf- und Verwertung des städtischen Betongolds zusammenschweißt. 

Laut Informationen der Linksfraktion in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf musste Brzezinski bei einer Befragung einräumen, dass es in bis zu 12 Fällen Interessenkonflikte zwischen seiner früheren Tätigkeit und seinem neuen Amt als Baustadtrat geben könne. In diesen Fällen würde das Bezirksamt anstelle des Baustadtrats die Vertretung übernehmen, um eine Interessenkollision zu vermeiden. Doch auch auf Verfahren, mit denen er als Anwalt nicht direkt betraut war, wirft seine vorherige Tätigkeit einen Schatten. „Mit Brzezinski soll zukünftig sprichwörtlich ein Anwalt der Immobilienlobby über die Genehmigung von Neubauten und Ausnahmen von Bau-Auflagen im Bezirk entscheiden“, bringt es Annetta Juckel, Ko-Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion in der BVV, auf den Punkt. Ihre Fraktion brachte dort bereits einen Antrag ein, wonach Bezirksamtsmitglieder potenzielle Interessenkonflikte offenlegen müssen. Brzezinski selbst wollte sich auf Anfrage gegenüber MieterEcho nicht äußern. 

Nicht nur wegen der personellen Verquickungen dürfte wohnungs- und mietenpolitisch generell ein neuer Wind im Stadtentwicklungsamt wehen. Die vorsichtigen Schritte in Richtung mehr Mieterschutz in Charlottenburg-Wilmersdorf durch Brzezinskis Vorgänger Fabian Schmitz-Grethlein (SPD), der in seiner kurzen Amtszeit zwei neue Milieuschutzgebiete erließ und als erster Berliner Bezirk das Vorkaufsrecht auf unbebaute Grundstücke ausübte, dürften mit der neuen Amtsleitung jedenfalls ein schnelles Ende finden.


MieterEcho 433 / Juni 2023

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