MieterEcho

MieterEcho 334/Juni 2009

Quadrat BERLIN

"Wir waren da ziemlich aufgeschmissen"

Interview mit einem Studenten zu seinen Erfahrungen im Wohnheim einer Studentenverbindung

Ein günstiges Zimmer in einer netten WG, das suchte Christoph*, als er nach Berlin kam, um sein Studium anzufangen. Er fand ein Zimmer in einem Haus mit Trinkgelagen und pöbelnden Mitbewohnern. Statt in einem Studentenwohnheim war der 22-Jährige bei einer Studentenverbindung gelandet, wo raue Sitten herrschten - spätestens als klar war, dass er nicht Mitglied werden wollte.

Du bist in ein Berliner Verbindungshaus eingezogen. Gab es auf dem "normalen" Wohnungsmarkt keine passenden Zimmer?

Ich habe mir Inserate bei Wohnbörsen im Internet angesehen und bin dabei auf ein interessantes Angebot von einem Studentenwohnheim gestoßen. Von einer Studentenverbindung stand da nichts. Wenn man sich das Zimmer ansieht, wird so getan, als wenn es zwar einen Verein gebe, aber das Wohnheim komplett eigenständig sei.

Wie waren deine ersten Eindrücke im Verbindungshaus?

Das Wohnheim ist an die Studentenverbindung Corps Teutonia in Friedenau angegliedert. Es gab keine Aufnahmebedingungen: Man musste nicht "ganz besonders stolzer Deutscher" sein oder so. Und die Leute, die da gewohnt haben, waren eigentlich alle relativ "normale" Menschen, die nichts mit der Verbindung zu tun hatten. Dort wohnte auch eine Frau, was ja für studentische Verbindungen sehr ungewöhnlich ist. Das war für mich damals ein Zeichen, dass diese Studentenverbindung wahrscheinlich nicht den Gerüchten entspricht, die ich gehört hatte, sondern eher etwas aufgeklärt ist.

Nachdem deine Umzugskartons ausgepackt waren, konntest du dich schnell einleben?

Anfangs war ein raues Klima zu spüren, was allerdings noch nicht bedrohlich war. Beispielsweise kamen ständig Leute vorbei und wollten einen zum Trinken animieren - um so den einen oder anderen in die Verbindung zu nötigen. Das haben sie nur teilweise geschafft. Von uns sieben, die da gewohnt haben, sind zwei beigetreten. Aber prinzipiell war es noch nicht das große Problem, wenn wir gesagt haben, dass wir da nicht mitmachen. Die Schwierigkeiten fingen erst richtig an, als die anfingen, unsere Gäste zu belästigen und vor allem bei weiblichen Gästen sehr ausfallend wurden. Es gab aufdringliche Bitten wie zum Beispiel mit aufs Klo zu kommen. Sowas war da völlig normal.

Wie erging es deiner Mitbewohnerin?

Sie wurde dauerhaft angepöbelt und von besoffenen Corpsgästen angemacht. Irgendwann setzte sie sich dann mal zur Wehr und danach wurde es wirklich fies. Einer der Verbindungsstudenten hat eines ihrer Bilder von der Wand gerissen. Dafür wollte aber keiner die Verantwortung übernehmen, obwohl natürlich alle wussten, wer es war. Ich hab denjenigen darauf angesprochen, was als Klagedrohung aufgefasst wurde.

Und wie ging es dann weiter?

Es wurde mal das Internet oder das Telefon ausgestellt. Dann haben sie einmal den Code vom elektronischen Schloss geändert, sodass wir beide für eine Woche nicht mehr ins Haus kamen. Wir haben uns damals bei der Polizei gemeldet, doch die haben gesagt, dass sie nicht viel machen könnten. Wir waren da ziemlich aufgeschmissen. Die Verbindungsleute haben sich einen Spaß daraus gemacht und dann auch den Strom abgestellt. Man wusste überhaupt nicht mehr, was als nächstes passieren würde.

Wie seid ihr denn da raus gekommen?

Wegen eines fingierten Grunds bekamen wir eine vorzeitige Kündigung mitten in einer Prüfungsphase. Die Kündigung war zwar in unserem eigenen Interesse, aber da wir mit den Klausuren beschäftigt waren, haben wir Widerspruch eingelegt. Danach wurde es unangenehmer und es gab diese Änderung des Schlüsselcodes. Wir wussten zwar, dass wir uns rein rechtlich durchsetzen konnten, aber nicht, was die sich als Nächstes einfallen lassen würden, z. B. uns in der Uni auflauern. Wir sind dann fluchtartig weg. Mit einem Zweitschlüssel, von dem ich nichts wusste, haben die noch einen Tag vor meinem Auszug versucht, bei mir einzubrechen. Zum Glück hatte ich vorher das Schloss ausgewechselt, weil ich sowas schon befürchtet hatte.

Von unserer Kaution haben wir nur die Hälfte wiedergesehen. Begründet wurde das mit nicht beglichenen Telefonrechnungen, von denen wir nie Belege gesehen haben. Auf den Brief von einem Rechtsanwalt hin kam keine Reaktion. Alle fünf Studenten, die da gewohnt haben, sind spätestens zwei Monate später zum regulären Mietende dort ausgezogen, und auch von denen haben die meisten ihre Kaution nicht wiedergesehen.

Was würdest du Menschen raten, die in solchen WGs in Verbindungshäusern gelandet sind?

Sich so bedeckt wie möglich zu halten und zum nächsten Termin wieder auszuziehen. Die haben ein Interesse daran, neue Leute in die Verbindung reinzukriegen, und wenn man das nicht will, wollen die einen zum schnellstmöglichen Termin rauspöbeln. Das schaffen sie auch.

Interview: Björn Kietzmann und Claudia Wrobel

Name auf Wunsch des Interviewten geändert.

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